Thomas Walk und die Trägheit im Golf

Viel wird in letzter Zeit über MOI (zu Deutsch: Trägheitsmoment) geschrieben und auch gesprochen. Dabei werden teilweise einige wichtige Punkte nur teilweise richtig wiedergegeben bzw. verschiedene Dinge wie das MOI des Schlägerkopfes und das MOI des gesamten Schlägersatzes vermischt. Um hier endgültig Klarheit zu schaffen, haben wir uns mit Herr Thomas Walk getroffen und ihm einige, so glauben wir, wichtige Fragen gestellt.

Herr Walk, Sie sind deutscher Golfschlägerhersteller und befassen sich schon seit Längerem mit MOI. Was ist MOI eigentlich?
MOI steht für den englischen Begriff „Moment of Inertia”. Man versteht darunter das Trägheitsmoment. Das Trägheitsmoment ist der Widerstand eines Körpers, welcher dieser der auf ihn ausgeübten Beschleunigungsenergie entgegensetzt.

Ist MOI neu?
Nein, nicht wirklich, denn schon um 1920 als das Schwunggewicht entwickelt wurde kannte man schon die Prinzipien des Trägheitsmomentes. Man konnte dies jedoch aufgrund der fehlenden technischen Möglichkeiten nicht umsetzen, denn die bis heute benutzte Schwunggewichtswaage ermöglicht nur das Messen des Drehmomentes. Über die folgenden Jahrzehnte waren sich die Ingenieure im Klaren, dass nur über das MOI ein wirklich gleiches Schwunggefühl erreicht werden konnte, doch es fehlten zunächst die Möglichkeiten dazu – und vielleicht später auch der Wille, das für alle Hersteller sehr bequeme Schwunggewichtssystem durch das doch recht komplexe MOI – System zu ersetzen.

Man liest neuerdings von Drivern mit einem besonders hohen MOI. Können Sie uns das genauer erklären.
Ich glaube da ist noch manche Aufklärungsarbeit zu leisten. Erst kürzlich las ich in einer bekannten österreichischen Golfzeitung: „Damit weist der neue Inertia Monster Driver, wie er liebevoll genannt wird, das bisher höchste Treffmoment – das derzeit von allen Herstellern gejagte – MOI auf.“

Nachdem der Begriff „Treffmoment“ gleich zweimal im gleichen Artikel geschrieben wurde, kann es sich nicht um ein Versehen gehandelt haben. Man hat scheinbar auch dort MOI noch nicht richtig verstanden, denn unter Treffmoment versteht man den Moment des Treffens, was mit MOI rein gar nichts zu tun hat. Richtig hätte es heißen müssen ... das bisher höchste Trägheitsmoment.

Welche Bedeutung hat nun das besonders hohe Trägheitsmoment (MOI) beim Driver?
Das MOI des Driverkopfes bezieht sich nur auf den Driverkopf und nicht auf den gesamten Golfschläger. Hierbei versucht man durch ein besonders hohes MOI um die vertikale Achse des Driverkopfes, diesen für außermittige Treffer Fehler verzeihender zu machen. Um dies zu erreichen, erhält der Driverkopf zusätzliche periphere Gewichtung, zum Teil in Verbindung mit einer quadratischen Kopfform. Dabei wird jedoch die Masse immer weiter vom Schaft weg verlagert und der Sweetspot rutscht nach außen, Richtung Schlägerkopfspitze. Was für schlecht getroffene Bälle vielleicht gut sein mag, ist jedoch für gut getroffene Bälle von Nachteil, denn die weiter außen liegende Masse wird den Schläger im Schwung öffnen (Erhöhung der Torsion in der Längsachse des Schaftes). Die Schlagfläche wird also offener an den Ball kommen, mit der Neigung zum Slice. Walk Golf hat schon vor Jahren, als Bestandteil seiner Anti-Torque Philosophie, sein mustergeschützten „Anti-Torque-Insert“ eingeführt, welches in jeden Schläger eingebaut wird um die Torsion zu verringern und die Präzision zu erhöhen. Die Kunst des Driverkopfbaus liegt unseres Erachtens darin einen Driverkopf nicht mit einem maximalem, sondern mit einem ausgewogenen MOI zu bauen. Hierdurch werden sowohl optimal getroffene Bälle präzise „losgeschickt“ als auch außermittige Treffer in überdurchschnittlichem Maße verziehen. Der Phoenix Driver von Walk Golf kann beides und das schon lange bevor das MOI des Driverkopfs scheinbar neu entdeckt wurde. Wichtiger als MOI des Driverkopfes ist jedoch das MOI des gesamten Schlägers.

Was meinen Sie mit MOI des gesamten Schlägers?
Das MOI des Golfschlägers bezieht sich auf das Schwungverhalten des gesamten Golfschlägers und dies in Verbindung mit dem gesamten Schlägersatz.

MOI-harmonised Golfschläger (auch MOI-matched genannt) werden so gebaut, dass sich alle Schläger im Satz gleich schwingen lassen – d. h., sie besitzen ein einheitlichen Trägheitsmoment.

Was hat es denn, mit der im Schlägerbau benutzen, Schwunggewichtswaage auf sich?
Bisher werden Golfschläger nach einem einheitlichen Drehmoment, was in der Golf-Welt verwirrenderweise Schwunggewicht genannt wird, gebaut. Hierbei fühlen sich alle Schläger gleich schwer an, wenn man sie ca. 20 Zentimeter kürzer greift und einfach nur horizontal ausgestreckt hält, genau wie es eine „Schwunggewichts-Waage“ (besser: Drehmomentwaage) macht. Diese Baumethode berücksichtigt nur das Drehmoment, jedoch in keiner Weise die Dynamik des Schwungs und das Schwunggefühl. Jeder Schläger im Set, der nach der Schwunggewichtsmethode gebaut wurde, benötigt unterschiedliche Beschleunigungsenergien, d. h., der Golfer muss sich auf jeden Schläger neu einstellen und anders beschleunigen.

Ist das bei MOI-Schlägern anders?
Schläger, welche nach der MOI-harmonised Methode hergestellt wurden, erfordern einheitlich die gleiche Beschleunigungsenergie und fühlen sich im Schwung alle gleich an. Alle Schläger werden zu „Lieblingsschlägern“. Der Golfer hat keine Angst mehr vor den langen Eisen. Alle Schläger im Set bieten den gleichen Spielkomfort und das gleich Schwungverhalten. Bei allen Schlägern aus einem MOI-Satz kann der Ball aus dem gleichen Stand gespielt werden. Ein weiter nach links legen, je länger der Schläger wird ist nicht mehr erforderlich.

Wodurch wird das MOI eines Golfschlägers bestimmt?
Grundsätzlich sind es Schaftlänge und Kopfgewicht, welche das Trägheitsmoment eines Schlägers bestimmen. Je länger der Schaft und je schwerer der Kopf umso träger ist ein Schläger – umgekehrt je kürzer der Schaft und je leichter der Kopf umso weniger träge ist der Golfschläger. Schon wenige Gramm Unterschied kann man im Schwung spüren.

So wie es scheint, hat beim Golfschläger fast alles mit MOI zu tun?
Das haben Sie sehr recht. Bei halbe Schwüngen z. B. greift der Golfer häufig kürzer und reduziert damit intuitiv das Trägheitsmoment weil er jetzt weniger Energie einsetzen möchte.

Bei manchen Golfern geht das Holz 3 soweit wie der Driver. Das Trägheitsmoment des Driver scheint dann für diesen Golfer zu hoch zu sein. Er kann es nicht richtig auf Fahrt bringen.

Ist es auch MOI, warum viele Golfer das Holz 5 besser als das Eisen 3 spielen?
Ja, obwohl das Holz 5 länger ist, spielt man es häufig besser als das um 3“ kürzere Eisen 3. Das Trägheitsmoment des Holz 5 passt eben besser zu diesem Golfer.

Muss man sich umgewöhnen wenn man neue MOI-Schläger hat?
Ja und nein. Der Anfänger bzw. hohe Handicaper hat mit MOI-Schlägern den Vorteil gleich von Anfang an mit ALLEN Schlägern den gleichen Schwung machen zu können. Sein Schwung wird sich viele schneller stabilisieren.

Der Single Handicaper mag wohl bei den langen Eisen weiterhin mehr Gas geben wollen. Dann können wir z.B. die langen Eisen in einem etwas höheren MOI bauen. Dies kommt jedoch nicht oft vor, da ein durchgängiges MOI meist bevorzugt wird.

Die mittleren Handicaper werden sich sehr schnell an die MOI-Schläger gewöhnen, wenn Sie nur alle Eisen gleich schwingen wie ihr bisheriges Lieblingseisen. Meist ist das Eisen 6 oder Eisen 7.

Dabei ist es besonders wichtig, dass z. B. auch das lange 3er MOI-Eisen nur mit dem Schwung des bisherigen Lieblingseisens beschleunigt und gespielt wird.

Kann da die Driving-Range Range hilfreich sein?
Unbedingt. Der Golfer spielt zunächst sein Lieblingseisen so lange bis er dieses gut trifft. Danach wechselt er sofort zum kürzesten oder längsten Eisen aus seinem MOI-Satz. Mit dem gleich Schwung des zuvor gespielten Lieblingseisens wird er nun die entsprechenden Weiten erzielen. Ein Hochdienen von den kurzen zu den langen Eisen auf der Driving-Range Rage ist nicht mehr nötig, ja sogar nicht erwünscht, damit man recht schnell Vertrauen in einen einzigen Schwung gewinnt.

Gibt es im MOI-System auch Rescues bzw. Hybriden?
Gut, dass Sie fragen. Rescues und Hybriden sind Schläger mit einem niedrigeren MOI. Darum gehen sie auch recht leicht zu spielen. Ein Problem tritt jedoch meist dann auf wenn man nach dem Rescue zu einem anderen Schläger wechselt, denn dieser hat wieder ein anderes MOI und benötigt somit einen anderen Schwung.

Wir haben hierfür unsere i-woods entwickelt. Diese sind in der Schaftlänge ähnlich der Rescues jedoch im MOI genau auf den passenden Eisensatz abgestimmt, sodaß es vor und nach dem Rescue keine Schwungumstellung gibt. Auch die i-woods werden wie die Eisen gespielt!

Gibt es dann eventuell auch schon einen i-driver?
Diesen haben wir auf der Golf Europe im Herbst 2006 erstmalig vorgestellt. Der i-driver lässt sich ebenfalls genauso wie die MOI-Eisen schwingen und ist für all gut, die mit den langen 45“ Drivern nicht zurechtkommen, denn bei diesen ist meist das MOI zu hoch. Ein Golfer, der seinen Driver relativ sicher spielt und auch gerne „mehr Gummi“ geben möchte, sollte weiterhin bei einem normalen Driver bleiben. Eine sehr gute Lösung welche beiden Seiten gerecht wird ist unser Phoenix 380/SL Driver. Dieser ist etwas kürzer als ein normaler Driver und lässt sich leichter beschleunigen. Man gewinnt an Sicherheit, meist ohne Distanzverlust, häufig sogar mit Längengewinn.

Kann man fremde Schläger an ein einheitliches MOI anpassen?
Rein technisch ja, aber der Aufwand hierfür ist ungleich mehr als ein neuer MOI-Satz.

Sind MOI-Schläger viel teurer als herkömmliche Schläger?
Vom Aufwand her müssten sie teurer sein. Wir haben uns jedoch komplett dem MOI-System verschrieben, sodass wir unsere MOI-Schläger zu ähnlichen Preisen wie herkömmlich Schläger anbieten können.

Sehr geehrter Herr Walk wir bedanken uns für das informative und ausführliche Gespräch.
Aus Golf Info 1/2007